Automatisierter öffentlicher Verkehr in der Schweiz nimmt Fahrt auf: Pilotprojekt im Furttal, Kanton Zürich

Der Kanton Zürich lanciert gemeinsam mit der SBB ein Projekt zum automatisierten Fahren im öffentlichen Verkehr. Die automatisierten Fahrzeuge ergänzen das Angebot für die Anreise vom und zum Bahnhof für Menschen im ländlichen Raum. Das Pilotprojekt wird mit Unterstützung der Furttaler Gemeinden auf deren Gebiet durchgeführt. Die Bevölkerung kann das Angebot nutzen und erleben, nachdem die Testphase erfolgreich abgeschlossen ist. Ziel des Projekts ist, praktische Erkenntnisse über automatisierte Mobilitätsangebote im ÖV zu gewinnen. Die Projektleitung wurde an das Swiss Transit Lab (STL) vergeben.

Die SBB und der Kanton Zürich sind überzeugt, dass automatisierte Angebote insbesondere im ÖV grosse Chancen bieten. Sie können potenziell kostengünstig und flexibel betrieben werden. Dadurch lässt sich vor allem in ländlichen Gebieten und Agglomerationen das Angebot weiter verbessern. Die Projektpartner haben sich zusammengeschlossen, um in der Schweiz das Potential automatisierter Angebote im ÖV zu fördern, da die Technologie in den vergangenen Jahren entscheidende Fortschritte gemacht hat.
Der Fokus des Pilotvorhabens liegt auf der Weiterentwicklung des lokalen ÖV-Angebots durch den Einsatz automatisierter Fahrzeuge als Zubringer zum und vom Bahnhof. Ziel ist es, Erkenntnisse über die künftigen Rahmenbedingungen für automatisierte Angebote auf der Strasse zu gewinnen (Geschäftsmodelle, Angebotsformen, Kosten, Betrieb). Diese Erkenntnisse sollen dazu beitragen, den ÖV der Zukunft mitzugestalten.

Das Pilotprojekt – Schritt für Schritt zum Angebot für die Bevölkerung

Automatisiert bedeutet, dass die Fahrzeuge am regulären Strassenverkehr teilnehmen, ohne dass ein Mensch am Steuer sitzt. Sie werden von einer Software gesteuert, die mithilfe zahlreicher Sensoren die Umgebung erfasst. Gleichzeitig werden die Fahrzeuge durch eine zentrale Leitstelle überwacht. Sicherheit hat für die Projektpartner oberste Priorität. Das Pilotprojekt wird deshalb eng vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) begleitet. Damit in allen Situationen die Sicherheit gewährleistet ist, können die Fahrzeuge bei Bedarf menschliche Unterstützung anfordern. Der Beginn der Testphase mit den automatisierten Autos ist für Frühling 2025 vorgesehen.

Nach erfolgreichem Abschluss der Testphase kann die Bevölkerung das Angebot im Furttal nutzen. Zu Beginn sollen mehrere Autos bereitstehen, welche per Projekt-App kostenpflichtig bestellt werden können. Das Fahrzeug würde die Fahrgäste an einem definierten Haltepunkt in der Nähe abholen und an ihr gewünschtes Ziel bringen. In einem späteren Schritt sollen auch Kleinbusse eingesetzt werden.
Die Angebote sollen den bestehenden ÖV in der Pilotregion ergänzen. So können praktische Erkenntnisse für automatisierte ÖV-Angebote gewonnen werden. Gleichzeitig kann die Region von einem zeitlich und örtlich erweiterten Mobilitätsangebot profitieren. Je nach Angebotsform und Nachfrage fahren die Kleinbusse im Linienbetrieb oder On-Demand.

Die Pilotregion – Ergänzung des ÖV-Angebots im ländlichen Raum

Als Pilotregion haben sich die Projektpartner für das Furttal entschieden. Es eignet sich aufgrund seiner Siedlungsstruktur, seiner Grösse und seinem bestehenden ÖV-Netz mit einer zentralen S-Bahn-Linie optimal für das Vorhaben. Für die Anwohnenden entstehen durch das Projekt ein verbesserter Zugang zu den S-Bahn-Haltestellen und ein vielfältigeres ÖV-Angebot in der Region.

Die Gemeinden des Furttals sind aktiv in das Projekt eingebunden, gestalten es mit und treiben es gemeinsam mit den Projektpartnern voran. Die Gemeinden und Projektpartner legen Wert darauf, die Bevölkerung vor Ort in den Prozess miteinzubeziehen. Dazu wird die Bevölkerung zu einer ersten Informationsveranstaltung im Januar eingeladen.

Nächste Schritte – Vorbereitung des Testbetriebs

In den nächsten Wochen und Monaten werden die nötigen Grundlagen für die Testphase weiter vorbereitet. Bevor die automatisierten Fahrzeuge im Strassenverkehr eingesetzt werden, wird die Technologie für das automatisierte Fahren im künftigen Einsatzgebiet abschliessend kalibriert, sodass sich die Fahrzeuge dem Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmenden optimal anpassen können. Dazu werden die Fahrzeuge im Testbetrieb zunächst von Sicherheitsfahrern begleitet, bevor die Steuerung schrittweise automatisiert wird.

Die Projektpartner – auf gemeinsamen Stärken aufbauen

Die Projektpartner SBB und der Kanton Zürich haben das Swiss Transit Lab (STL) mit der praktischen Umsetzung des Projekts betraut. Der Kanton Zürich leistet eine Anschubfinanzierung von 3,8 Mio. Franken, die SBB ihrerseits finanziert das Projekt über die maximale Projektdauer von fünf Jahren mit jeweils 1 Mio. Franken pro Jahr. Weitere Partner wie die Verkehrsbetriebe Glattal (VBG) und Eurobus unterstützen das Projekt operativ und strategisch. Verhandlungen mit den Technologiepartnern befinden sich in der Endphase. Die Projektpartner sind für weitere Partner offen und sind bereits in Gesprächen mit potenziellen Interessentinnen und Interessenten.

Der Regierungsratsbeschluss Nr. 1193/2024 ist unter zh.ch/rrb verfügbar.

Ansprechpersonen für Medien

  • Kanton Zürich: Mit dem Pilotprojekt etabliert sich der Kanton Zürich als treibende Kraft einer zukunftsfähigen Mobilität und setzt auf Innovation und Pioniergeist im ÖV. Die Weiterentwicklung der Mobilität ist ein strategisches Ziel der Verkehrspolitik des Kantons Zürich. Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh sagt: «Damit wird der Kanton Zürich europaweit zu den ersten gehören, die führerlose Fahrzeuge ohne Sicherheitsfahrer in einem grösseren Gebiet im ÖV einsetzen.»
  • SBB: Mit dem Zielbild Mobilität hat die SBB skizziert, wie die Bahn Zukunft hat. Sie fokussiert sich auf ihre Stärken: auf den ÖV über mittlere und lange Distanzen. Auf kurzen Distanzen und im ländlichen Raum ist es sinnvoll, die Räume z. B. mit Trams, Rufbussen, Lightrail oder automatisierten Fahrzeugen zu erschliessen. Die SBB beteiligt sich gemeinsam mit Partnern am Pilotprojekt, ohne am operativen Betrieb beteiligt zu sein. Sie unterstützt mit ÖV-Knowhow, damit Innovationen im automatisierten Fahren den Bedürfnissen von Fahrgästen und ÖV entsprechen. So kann ein neues Angebot auf der ersten bzw. letzten Meile erprobt und die langfristige Komplementarität zur Bahn sichergestellt werden. «Unser Ziel ist es, langfristig den Wert und die Effizienz des gesamten ÖV zu steigern, um unseren Kundinnen und Kunden einen noch besseren Service zu bieten», so Véronique Stephan, Mitglied der Konzernleitung und Leiterin Markt Personenverkehr SBB.
  • Swiss Transit Lab: Das Swiss Transit Lab (STL) ist eine 2019 gegründete Non-Profit Organisation. Das STL ist ein führendes Kompetenznetzwerk zur Entwicklung und Erprobung intelligenter Mobilitätslösungen unter realen Bedingungen. Es bringt Gesellschaft, Wirtschaft, öffentliche Hand und Forschung zusammen, um innovative Mobilitätskonzepte in die Praxis zu überführen.

    Das STL erarbeitet Mehrwerte durch seine konkreten Projekte. Diesen ist gemein, dass neue Technologien im öffentlichen Raum und unter realen Bedingungen erprobt werden. Mit den beiden Pilotprojekten zum automatisierten Fahren «Linie 12» (2018-2019) und «STL Linie 13» (laufend) sowie dem innovativen Vorhaben «Open Doors» für Personen mit Mobilitätseinschränkungen (laufend) und der «ALAUF-Allianz automatisiertes Fahren» (laufend) hat das STL bereits vier konkrete Projekte realisiert. Mit dem Pilotvorhaben im Furttal möchte das STL gemeinsam mit den Projektpartnern den nächsten Schritt gehen und eine ganze Flotte automatisierter Fahrzeuge ‒ wortwörtlich ‒ auf die Strasse bringen.

Zürich, 28.11.2024